Ula Stöckl Filmemacherin · Professorin
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Spielfilm
Erikas Leidenschaften

D 1976
16mm
64 Minuten
Schwarz-Weiß
Magnetton
Erstsendung
18.11.1976, ZDF

Stabliste
Buch und Regie
Ula Stöckl
...

Darsteller
Erika
Karin Baal
Franziska
Vera Tschechowa

Zum Film | Presse

Festivalbeteiligung
7. Internationales Forum des Jungen Films, Berlin 1977
21. London Film Festival, 1977
31. Edinburgh International Film Festival 1977
13. Chicago International Film Festival 1977
5. Grazer Filmtage 1977
Hong Kong Film Festival 1978
25. Sydney Film Festival 1978
1. Festival International De Films De Femmes,
Sceaux/Paris 1979
8. Film International Rotterdam 1979
4. Festival International de Films de Femmes,
Bruxelles 1981
27. Malbourn Film Festival 1978
Goethe Institut: Buenos Aires 1978, Rom 1980, Neapel 1980, Amsterdam 1980, Toulouse 1980, Palermo 1980
Deutsches Filmmuseum Frankfurt am Main,
Retrospektive 1988

Inhalt
Vier Jahre lang haben sich Erika und Franziska nicht gesehen. Zehn Jahre zuvor hatten sie die Illusion von den gleichen Chancen: weil sie gleich jung waren, beide attraktiv, beide phantasievoll.

Sie haben übersehen, von Anfang an, was sie trennen wird: ihre ganz unterschiedliche Herzensbildung, ihr unterschiedlicher Charakter.

Erika ist die Praktische. Sie sagt: „Ich verdiene uns die Brötchen, finde Du heraus, was Dich interessieren könnte in der Welt”. Was sie nicht ausspricht ist ihre Erwartung: „... und dann verdienst Du die Brötchen und ich darf in die Welt”. Franziska läßt sich gerne in die Welt schicken, wechselt oft und ausgiebig die Ziele und kommt nie zu einem Ende - vielleicht, weil es für sie keins gibt.

Bei beiden entsteht Unzufriedenheit. Erika fühlt sich ausgebeutet. Franziska verübelt im Grunde, daß Erika ihr erlaubt, sie auszubeuten.

Erikas Leidenschaft besteht aber darin, sich immer mehr aufzubürden, als sie verkraften kann, und sich dann zu wundern, daß nie einer auf die Idee kommt, es wäre nicht ihre Aufgabe, schon wieder den Mülleimer auf die Straße zu stellen.

In einem langen nächtlichen Gespräch versuchen die Freundinnen, diese Zusammenhänge aufzuklären – nicht ohne Hoffnung.

Zum Film
Interview mit Ula Stöckl und Vera Tschechowa
von Monika Sperr

Ist ERIKAS LEIDENSCHAFTEN ein Frauenfilm?

ULA ST.: „Ein Film über menschliche Beziehungen, die ja nicht nur zwischen Mann und Frau, sondern auch zwischen Frau und Frau oder Mann und Mann sehr vielschichtig und problematisch sind. Es ging mir hauptsächlich um die tatsächliche Chancengleichheit, die zwei von ihrem Ausgangspunkt haben, wie diese beiden Sekretärinnen, die sich durch die Arbeit kennenlernen und aus rein pragmatischen Überlegungen zusammenziehen. Im Zusammenleben zeigt sich dann, daß diese Chancengleichheit doch nur eine scheinbare ist, weil sich die eine eben rücksichtsloser verhält als die andere bzw. die andere die dienende Haltung einnimmt und sich benutzen läßt.”

VERA T.: „Beide beißen sich in der am Anfang gewählten Rolle fest. Es ist wie in vielen Beziehungen: der erste Schritt in die gemeinsame Wohnung ist der entscheidende. Wer am ersten Tag den Mülleimer runterträgt, ist möglicherweise derjenige, der ihn auch in zehn Jahren noch runterträgt.”

Ließen sich diese Unterdrückungsmechanismen, die durch ein festgelegtes, starres Rollenverhalten entstehen, nicht deutlicher am Beispiel einer Mann-Frau-Beziehung aufzeigen, als durch die freundschaftliche Beziehung zwischen zwei Frauen?

ULA ST.: „Eben nicht. Für mich stellt sich immer mehr heraus, daß in der Mann-Frau-Beziehung die Sexualität eine sehr repressive Rolle spielt. Das heißt: auf sexueller Ebene finden pausenlos Versöhnungen statt, die verhindern, daß die wirklichen Probleme überhaupt zur Sprache kommen. Um aber zu zeigen, daß nicht die Sexualität der wirkliche Verhinderungsgrund ist, warum sich zwei ihre Probleme nicht bewußt machen und ehrlich darüber reden, habe ich zwei Frauen gewählt, die in diesem Film ganz eindeutig keine sexuelle Beziehung haben.”

VERA T.: „Eigentlich gibt es überhaupt keinen Grund, warum zwei Frauen sich die Schwierigkeiten, die sie miteinander haben, nicht ganz offen eingestehen und sie besprechen. Da muß also jenseits der Sexualität etwas sein, was sie daran hindert.“

Liegt es an den verschiedenen Charakteren? Die aktive Franziska tut einfach unbekümmert, was sie will. Und die passive Erika tut dadurch nicht mehr, was sie will, sondern nur noch, was ihre Freundin will.

ULA ST.: „Meine Überlegung war: inwieweit sperrt man sich, egal ob aus Erziehungs- oder anderen Gründen, selbst in eine bestimmte Rolle ein, ohne daß der andere viel dazu beiträgt. Zu jeder Ausbeutung gehören ja immer zwei: einer, der es tut und einer, der es mit sich geschehen läßt. Alle meine Filme sind auch Aufforderungen an die Opfer, sich gefälligst zu wehren. Ich halte nichts von diesem jammernden Heulstandpunkt, den gerade Frauen so häufig einnehmen. Diese ständigen Hilfeschreie nach außen verhindern doch allzuoft das Nachdenken darüber, was man aus eigener Kraft tun und verändern kann.”

Das klingt sehr hart. Wer nur gelernt hat zu tun, was andere wollen, brav zu gehorchen, wie soll der sich wehren können?

VERA T.: „Niemand behauptet, daß es leicht ist, sich zu wehren, denn dazu muß man ja selbständig werden. Aber es gibt inzwischen doch viele Menschen, vor allem natürlich Frauen, die bereit sind, Hilfestellungen zu geben. Erst wer sich wehrt, wer selbständig wird in seinem Denken und Handeln, kann sich auch solidarisch verhalten. Wer immer nur Hilfe braucht, rumsitzt und jammert, wie soll der sich jemals solidarisch verhalten können.”

Der Film heißt „Erikas Leidenschaften“. Um welche Leidenschaften geht es?

VERA T.: „Sich pausenlos zu übernehmen.“

ULA ST.: „Diese ewige Opferhaltung so vieler Frauen: immer alles verstehen, alles verzeihen und alles tragen zu wollen.”
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Presse
01: Ula Stöckl hat in ihrem Zweipersonenstück wichtige Erkenntnisse und Einsichten über das Funktionieren und Nichtfunktionieren zwischenmenschlicher Beziehungen in schönen, meisterhaft arrangierten Bildern bloßgelegt. Die Küche wird zum Kampfplatz, das enge Bad zum Beichtstuhl. Ein bissiger, lehrreicher Film über die komplizierte Sache Freundschaft.
Kölner Stadtanzeiger vom 20./21. 11. 1976
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Wenn man die beiden Frauenfiguren des Films als ein und dieselbe versteht, geht es auch wohl darum, sich selbst zu verstehen, seiner eigenen Zwiespältigkeit nachzuspüren, herauszufinden, wo man steht und was für Ansprüche man an sich selber stellt.
Marielouise Alemann, Argentinisches Tageblatt, 14. 11. 1978
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Ula Stöckl hat in ihrem Zweipersonenstück wichtige Erkenntnisse und Einsichten über das Funktionieren und Nichtfunktionieren zwischen-menschlicher Beziehungen in schönen, meisterhaft arrangierten Bildern bloßgelegt. Die Küche wird zum Kampfplatz, das enge Bad zum Beichtstuhl. Ein bissiger, lehrreicher Film über die komplizierte Sache Freundschaft.
Kölner Stadtanzeiger
vom 20./21. 11. 1976

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